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Verkehrsforum Berchtesgadener Land
Haltepunkt Bayerisch Gmain – neu gebaut, aber die Zukunft verbaut?

Haltepunkt Bayerisch Gmain – neu gebaut, aber die Zukunft verbaut?

[Reportage, Informationsverbund]
von AIM

Bis 1988 Bahnhof, seither zum Haltepunkt degradiert. Notwendig für einen 30min Takt auf der Berchtesgadener Bahn, jetzt wurde der Haltepunkt saniert, die Chance auf ein 2. Gleis wurde, seitens Politik und DB ignoriert.

1988 wurden im Bahnhof Bayerisch Gmain sowohl das 2. Gleis entfernt als auch die Signalanlagen abgebaut. Der langjährige, leider 2017 verstorbene, Vorsitzende des Verkehrsforums Berchtesgadener Land Michael Behringer hat immer angezweifelt ob alle Genehmigungen damals dafür vorgelegen haben.

Damit war Bayerisch Gmain kein Bahnhof mehr, sondern nur noch Haltepunkt der Deutschen Bundesbahn. Der Fortbestand der Bahnstrecke zwischen Bad Reichenhall und Berchtesgaden war immer wieder auch in Zweifel gezogen worden, „warum brauchen wir die Bahn, mir haben ja die RVO“ lautete eines der Argumente. Jedenfalls waren damals schon die Strecke und auch das darauf eingesetzte rollende Material hoffnungslos veraltet.

Erst als im Dezember 2009 mit der Berchtesgadener Land-Bahn (BLB) ein neuer Betreiber mit modernen Zügen die Strecke übernahm, keimte wieder Hoffnung auf, dass es auch mit dem Schienenpersonennahverkehr (SPNV) wieder aufwärts geht.

Allerdings waren da noch erhebliche Arbeiten erforderlich um auch die Infrastruktur zu modernisieren. Die neuen Zuggarnituren von Stadler waren moderne Niederflurfahrzeuge die bei dem alten Bahnsteig eine Einstiegshöhe von rund 50cm ergaben. Der Altersdurchschnitt der Bevölkerung in Bayerisch Gmain liegt erheblich über 50 Jahre, für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung war jetzt ein Zu- oder Ausstieg dort gar nicht mehr möglich. Auch wenn die Bahn-AG jahrelang argumentierte, dass ja keine Unfälle am Haltepunkt Bayerisch Gmain passieren, so war das nur ein Teil der Wahrheit. Tatsächlich passierten Unfälle anreisender Patienten der Klinik Hochstaufen, aber sie wurden anscheinend nicht an das Unternehmen Bahn gemeldet.

Die Gemeinde Bayerisch Gmain hat vorausschauend beim Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses an der Bahnhofstraße als Auflage eine Stützmauer vorgeschrieben, damit später die Unterführung unter der B20 weiter unter der Bahnstrecke verlängert werden kann um einen Fußgängerzugang zur Bahn zu errichten. Das war in den Jahren 2015/2016 auch wieder Thema im Gemeinderat, aber die Mehrheit wollte dafür nicht so viel Geld ausgeben. Auch weil vom Unternehmen Bahn-AG keine konkrete Zusage zu erhalten war, den Bahnsteig zu erhöhen. Das wurde Jahr für Jahr verschoben, bis jetzt endlich im Jahr 2021 diese unsägliche Behinderung beseitigt wurde.

Leider wurde bei der Planfeststellung aber die insbesondere auch vom Verkehrsforum Berchtesgadener Land und Rupertiwinkel e. V. erhobene Forderung nach einem Wiederausbau zu einem Bahnhof vom zuständigen Eisenbahnbundesamt (EBA) mit Planfeststellungsbeschluss vom 05.02.2021 ebenso abgeschmettert wie die hilfsweise erhobene Forderung nach einer Planung des Bahnsteigs dergestalt, dass dieser ohne bauliche Änderungen als Mittelbahnsteig eines zweigleisigen Bahnhofs verwendet werden könne. Grundlage der Planfeststellung – so das EBA lapidar - sei nur der mit dem Besteller BEG abgestimmte barrierefreie Ausbau der Verkehrsstation Bayerisch Gmain. Die BEG (Bayerische Eisenbahngesellschaft) ist nämlich bislang nicht zur die Zusage eines Halbstunden-Takts bereit. Ohne Ausbau zum Bahnhof wird ein Halbstundentakt auf der Strecke nicht möglich sein, so dass jegliche Bemühungen, den Tagestourismus auf die Schiene zu bringen, zum Scheitern verurteilt sind. Denn diese Fahrgäste sind in 4 Stunden so jedenfalls nicht zu befördern, dazu braucht es auf jeden Fall einen Halbstundentakt.

Vor einer Taktverdichtung müssten auch die Langsamfahrstellen eliminiert werden. Eine seit mehr als einem Jahrzehnt stark kritisierte Langsamfahrstelle ist der unbeschrankte Übergang Wappachweg in Bayerisch Gmain . Er wird von der Bahn selbst seit Jahrzehnten als erhebliche Gefahrenstelle bewertet, geschehen ist bisher nichts! Obwohl vom BMVI im Februar 2015 die sofortige Anordnung einer BÜSTRA (Bahnübergangs- und Straßensicherungsanlage) angekündigt wurde, erfolgte diese erst im Herbst 2018, also dreieinhalb Jahre später. Wann Planung und Ausführung abgeschlossen sein werden, ist heute, also weitere 3 Jahre später, nicht absehbar. Die Fahrzeitersparnis durch Beseitigung der Langsamfahrstellen ist aber auch erforderlich, um die weiteren Haltepunkte auf der Strecke zu realisieren.

Inzwischen ist der neu errichtete Haltepunkt Bayerisch Gmain fertiggestellt und wird mit Fahrplanwechsel am 12. Dezember in Betrieb genommen. Er ist optisch recht schön geworden. Man hat sogar eine Gleisbezifferungstafel angebracht, die das einzig vorhandene Gleis als „Gleis 1“ ausweist! Es wäre erfreulich, wenn in nicht allzu ferner Zukunft auch noch eine Tafel mit einer „2“ angebracht werden müsste. Der Platz für ein Ausweichgleis, das die Station Bayerisch Gmain wieder zu einem vollwertigen Bahnhof machen würde, ist nach wie vor vorhanden, der neue Seitenbahnsteig könnte grundsätzlich weiter verwendet werde, er müsste nur zu einem Mittelbahnsteig (wie im Bahnhof Piding bei dessen barrierefreien Ausbau 2016) umgebaut werden. Den damit verbundenen Aufwand hätte man sich sparen können, wenn man vorausschauend den Bahnsteig schon jetzt so errichtet hätte, dass er auch als künftiger Mittelbahnsteig taugt. Leider ist hierzulande eine Infrastrukturplanung im Bahnbereich, die auch einen künftigen Mehrverkehr mitberücksichtigt, nicht üblich, wahrscheinlich weil die Politik allen Beteuerungen zum Trotz gar nicht ernsthaft eine Verkehrswende hin zu mehr Schienenverkehr will.

Das Verkehrsforum Berchtesgadener Land und Rupertiwinkel e. V. wird sich dennoch weiterhin mit Vehemenz für eine Verbesserung des SPNV zwischen Freilassing und Berchtesgaden durch einen durchgehenden Halbstundentakt und zusätzliche Stationen und in diesem Zusammenhang für einen Wiederausbau von Bayerisch Gmain zum Bahnhof einsetzen!

Bahnhof Bayerisch Gmain - Visualisierung - Der Saarbahn-TramTrain-Triebwagen 1004 war 1997 auf der Berchtesgadener Land Bahn und dabei auch in Bayerisch Gmain. Hier die Visualisierung des zweiten Gleises zur Kreuzungsmöglichkeit der S-Bahn.