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Region
AT335 Tiroler Unterland
Achenseebahn Bahnhof Jenbach

Weltkulturerbe Achenseebahn in Tirol akut gefährdet!

[Reportage, Presseaussendung]
von Richard Fuchs

Die Achenseebahn hat Zukunft als historisches UNESCO-Weltkulturerbe, sowohl als Dampfzahnradbahn, als auch als elektrische Nahverkehrsbahn! Die Bahn wird in die Liste der 7 am stärksten gefährdeten Welterbestätten Europas aufgenommen.

Land Tirol treibt hochgradiges Tourismusziel Achenseebahn in den Konkurs

Wenn eine gesetzlich geregelte Bundesfinanzierung, wie das „Mittelfristige Finanzierungsprogramm für Privatbahnen“, für die Infrastrukturerhaltung, wie der Bahntrasse der Achenseebahn, die Finanzierung sicherstellt, kann normalerweise davon ausgegangen werden, dass diese Gelder auch tatsächlich fließen! Die Zusage einer Bundesfinanzierung ist meist gleichbedeutend mit einem garantierten Geldfluß. Nicht so in Tirol! Aus dem Mittelfristigen Investitionsprogramm MIP-Programm 2015-2019 wurden der Achenseebahn 3,18 Millionen Euro für die Erhaltung der Infrastruktur zugesichert und der zugehörige Betrag vom Bund an das Land Tirol überwiesen. Das Land Tirol hat diese 3,18 Mio. seit 2015 nicht mehr an die Achenseebahn weitergeleitet. Die angebliche „Handschlagqualität des Landes Tirol“ lässt zu wünschen übrig.

Am 11.Februar 2015 intervenierten die Bürgermeister der Gemeinden Jenbach, Eben/Achensee und Achenkirch, auch in ihrer Funktion als Aufsichtsräte der Achenseebahn AG, ohne Wissen der Gesellschaft, bei der verkehrsressortzuständigen Landeshauptmann-Stv. Ingrid Felipe, damit die 3,18 Mio. Euro MIP-Mittel der Achenseebahn nicht ausbezahlt werden. Damit wurde von politischer Seite bereits damals in Kauf genommen, dass die Achenseebahn in Konkurs getrieben wird. Da kein Straßenverkehrs-System und kein Schienenverkehr ohne finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand die Verkehrswege-Infrastruktur selbst erwirtschaften kann, war der Weg in die Insolvenz vorgezeichnet. Die Achenseebahn musste die jahrelangen Versäumnisse bei der Erhaltung der Bahntrasse abarbeiten und dabei fehlten schmerzlich die vorenthaltenen MIP-Mittel (3,18 Mio.).

Die Achenseebahn, wie man sie kennt, als Dampfzug mit rot-weißen und mit grünen Personenwagen, wie sie in den Ursprungszustand rückversetzt wurden. Am Bahnhof Jenbach Bahnsteig 1 wartet der elektrische Triebwagen der Appenzellerbahn auf die Zukunft der modernen Achenseebahn.

Die politische und mediale Kampagne gegen die Achenseebahn hatte extreme Auswirkungen auf die Erlöse bei der Achenseebahn. Trotz aller Widrigkeiten konnten die Bilanzen der Geschäftsjahre 2015-2019 mit schwarzen Zahlen abgeschlossen werden, obwohl mangels der vorenthaltenen MIP-Mittel die Infrastruktur-Instandhaltung teilweise nicht mehr finanzierbar war und das obwohl der Fahrbetrieb ohne öffentliche Zuschüsse positiv geführt werden konnte.

Achenseebahn im Bahnhof Jenbach

Die Achenseebahn zählt, neben dem „Goldenen Dachl in Innsbruck“, zu den wichtigsten Touristen-Attraktionen in Tirol überhaupt. Es ist vermutlich einer gewissen „Tourismusübersättigung“, wie man sie aus der “Piefke-Saga“ kennt, zuzuschreiben, dass es möglich ist, die Achenseebahn durch das Land Tirol und die Achensee-Gemeinden bewusst in den Konkurs zu treiben und damit zu zerstören.

Achenseebahn an der Endhaltestelle Seespitz am Achensee mit Anschluß zur Schifffahrt

Recht haben und Recht bekommen, können Gegensätze sein

Der Verein „Die Rote Elektrische“ aus Salzburg beschäftigt sich seit 2017 intensiv mit der Zerstörungs-Kampagne des Landes Tirol bzw. dem Kampf zur Erhaltung der Achenseebahn. Im Mai 2020 machte der Verein eine Anzeige über acht belegbare strafbare Handlungen bei der Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft [siehe Originaltext im PDF-File unten]. Offensichtlich durch politische Intervention wurden die Straftatbestände nicht einmal untersucht, obwohl auch dazu Beweise vorgelegt wurden! Ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Innsbruck erklärt, dass der Fall nicht weiter untersucht wird [siehe Kopie rechts]. Damit entsteht logischerweise der Eindruck, dass Straftaten, die für Privatpersonen einschneidende Auswirkungen hätten, ganz offensichtlich für Politiker ohne die geringsten Folgen bleiben!

Schreiben der Staatsanwaltschaft Innsbruck

Internationale Institutionen setzen sich für Erhalt der Achenseebahn ein

Der europäische Dachverband für Nostalgie- und Tourismusbahnen FEDEC-RAIL intervenierte für die Achenseebahn beim Land Tirol und wurde vom Landeshauptmann ziemlich herablassend abgekanzelt. Überhaupt werden Personen und Vereine, die sich für die Achenseebahn einsetzen, von diversen Medien unter der Gürtellinie angegriffen und beleidigt (z.B. Tiroler Tageszeitung 3.7.2020: „Aus der Achenseebahn dampfen jetzt Giftpfeile“). Personen von außerhalb des Bundeslandes Tirol, die sich für den Erhalt der Achenseebahn einsetzen, können nicht verstehen, welchen Sinn es haben soll, die Achenseebahn zu zerstören. Nur so ist zu verstehen, dass das Engagement für die Achenseebahn von Befürwortern von außerhalb von Tirol kommt.

Es hat den Anschein, dass innerhalb von Tirol nur eine Minderheit die historische, touristische und wirtschaftliche Bedeutung die Achenseebahn für die Region und das gesamte Land Tirol erkannt hat.

Achenseebahn als UNESCO-Weltkulturerbe

Anfang 2020 wurde der Unterstützungsfonds „Achenseebahn-Förderverein 1.000 Tausender e.V.“ ins Leben gerufen, um die Lücke der vom Land Tirol entzogenen MIP-Mittel 2015-2019 über 3,18 Mio. Euro einigermaßen zu überbrücken. Der Verein konnte, über die ICOMOS-Austria, die UNESCO davon überzeugen, die Achenseebahn in die Weltkulturerbe-Liste aufzunehmen.

Heritage Alert Achenseebahn

Seit Ende März 2020 bekannt wurde, dass die Achenseebahn in Tirol durch den betriebswirtschaftlichen Konkurs akut von der endgültigen Zerstörung bedroht ist, kämpft ICOMOS Austria in Absprache mit der österreichischen UNESCO-Kommission und der Welterbeabteilung der Republik Österreich um den Erhalt dieses einzigartigen technischen Ensembles. Diese 1886 geplante und 1889 in Betrieb gegangene Zahnrad-Dampfbahn ist Österreichs älteste Anlage dieser Art. Was sie wahrscheinlich weltweit einzigartig macht, ist der bis heute authentisch gehaltene Betrieb derselben mit den Lokomotiven und Wagons des Eröffnungstages. Der sehr eng gefasste, nationale Denkmalschutz in Österreich lässt eine klassische Unterschutzstellung offensichtlich nicht zu. Die UNESCO Welterbekonvention interpretiert im Unterschied zum nationalen Recht jedoch sehr wohl ein technisches Ensemble als zu schützendes Kulturerbe der Menschheit. Daher hat ICOMOS International nun einen sogenannten Heritage Alert ausgelöst, einen weltweiten Apell, dieses seit seiner Inbetriebnahme vollkommen authentisch und integer erhaltene Kulturgut mit allen auf nationaler Ebene zur Verfügung stehenden Mitteln zu schützen und zu erhalten.

Prof. Mag. Herbert Klein von ICOMOS Austria nimmt zur Begründung der Unterschutzstellung der Achenseebahn Stellung:

„Zudem ersuchte Präsidentin Jäger-Klein Staatssekretärin Mayer, auf die Tiroler Landesregierung dahingehend einzuwirken, dass schnellstens die längst zugesagten Unterstützungen zur Abwendung des betriebswirtschaftlichen Konkurses auch wirklich ausgezahlt werden. Denn aufgrund des Konkursrechtes besteht nach wie vor die unmittelbare Gefahr einer nie wieder gut zu machenden Zerschlagung der gesamten technischen Anlage. Eine nationale Unterschutzstellung der Bahn steht nicht grundsätzlich in Widerspruch zu ihrem Betrieb als zeitgemäßes Regionalverkehrsmittel. Mittlerweile ist dies technisch problemlos durchführbar und in die Anlage der Achenseebahn integrierbar, ohne den historischen Kontext zu verletzen. Die Expertise dazu ist in Österreich vorhanden, und es gibt auch ausreichend erfolgreiche Beispiele dafür.

Die Konzepte zur Modernisierung der ACHENSEEBAHN hin zu einer modernen und wirtschaftlicheren Nahverkehrsbahn liegen bereit. Die Modernisierung steht nicht im Widerspruch zum Weltkulturerbe!

Damit ist die Modernisierung der Achenseebahn mit elektrischen Nahverkehrstriebwagen, wie die der Appenzellerbahn, die bereits vorhanden sind, ohne Probleme in das Weltkulturerbe integrierbar! Ein dafür vom Land Tirol beauftragtes Gutachten war dem Vernehmen nach äußerst positiv, wurden jedoch durch das Land Tirol nie kommuniziert. Sowohl die Fahrzeiten, als auch die Beförderungszahlen hätten sich gegenüber dem heutigen Busbetrieb massiv verbessert.

Achenseebahn auf der Liste der meistgefährdeten Kulturstätten Europas

Europa Nostra ist ein 1963 in Den Haag gegründeter europäischer Denkmalschutz-Verbund. Er vertritt die Interessen von mehr als 400 Nichtregierungsorganisationen und Privatpersonen aus 45 Ländern gegenüber der Europäischen Union, dem Europarat und der UNESCO. Präsident von EUROPA NOSTRA ist Plácido Domingo. Diese Vereinigung setzte die Achenseebahn auf die Liste der meistgefährdetsten Kulturstätten Europas. Dieses klare Votum zugunsten des Gesamterhalts der Achenseebahn als betriebsfähiges Ensemble, soll auch bei der Tiroler Landespolitik positive Entscheidungen auslösen. Leider ist bis heute der Beschluss des Tiroler Landtages aufrecht, wonach die Unterstützung der in den Konkurs getriebenen Bahn, mit 31.12.2020 endet!!

Lok 3 bei der Bergfahrt durch den adventlichen Bergwald mit einem Dienstgüterzug zwischen Fischl und Eben sowie im Bahnhof Eben, dem höchsten Punkt der Strecke und Ende der Zahnradstrecke

In jedem Fall bemerkenswert ist das Engagement der verbliebenen „Rest –Frau- und Mannschaft“ dieser über 131 Jahre alten Zahnradbahn, aber auch des Verwalters der Konkursmasse, des Vorstandes der Aktiengesellschaft und der Betriebsleitung die nicht rasten, damit die Bahn nicht rostet und nicht eines Tages Teil allen Alteisens wird.

Hoffnung löst auch ein Gespräch Anfang Dezember 2020 auf höchster Ebene aus, welches zwischen der ICOMOS Austria Präsidentin Dr.Jäger-Klein und Staatssekretärin Mag.Mayer geführt wurde, und in welchen Staatssekretärin Mag. Mayer zugesagt hat, sich bei der Tiroler Landespolitik für die Belange der Achenseebahn verwenden zu wollen. Hoffentlich hört das Land Tirol wenigstens auf die Staatssekretärin. Viel Zeit bleibt dafür aber nicht mehr.

12 europäische Kulturerbestätten, die für das 7 am stärksten gefährdete Programm 2021 in die engere Wahl kommen. Stellungnahme von EUROPA NOSTRA zur ACHENSEEBAHN in Tirol/Austria

Die Achensee Steam Cog Railway ist die einzige öffentliche Eisenbahn der Welt, die seit ihrer Eröffnung im Jahr 1889 die gesamte Ausrüstung eines Eisenbahnsystems aus dem späten 19. Jahrhundert nutzt. Diese Elemente sind Dampflokomotiven, Personenwagen, ein Maschinenhaus mit Gleitplattform, Werkstatt, Schienen, Dämme und Brücken. Im Frühjahr 2020 ging die Eisenbahngesellschaft Achensee in Konkurs und die von der Tiroler Landesregierung versprochenen Subventionen wurden nie ausgezahlt. Dieses authentische Beispiel des europäischen industriellen Erbes ist aufgrund mangelnder Wartung zur Gewährleistung seiner ursprünglichen und kontinuierlichen Funktion einer schnellen Verschlechterung ausgesetzt. ICOMOS Austria mit Unterstützung von Europa Nostra Austria nominierte die Achensee Steam Cog Railway für das 7 am stärksten gefährdete Programm 2021.

Das Beratungsgremium des Programms erklärte: „ Wir hoffen, dass mögliche Neuverhandlungen der Finanzierungsprobleme Früchte tragen könnten. Die öffentliche Unterstützung für die Rettung der Eisenbahn wächst nicht nur durch die Aktivitäten des Achensee Support Association, sondern auch durch die begeisterten Freiwilligen, die die Strecke im Alleingang betreiben. ”

Die Achenseebahn hat Zukunft als historisches Weltkulturerbe der UNESCO, sowohl als Dampfzahnradbahn, als auch als moderne elektrische Nahverkehrsbahn zur Erhöhung der Mobilität in der Achensee-Region!

So wie hier auf der Appenzellerbahn könnte auch moderner Schienennahverkehr in Richtung Pertisau am Achensee ausschauen!